Story
telling
Perfor
mance
Auf der Suche nach neuem Storytelling haben wir uns in einer groß angelegten LIVE IMPRO PERFORMANCE für 72 Stunden in den dauerhaft überwachten Raum begeben und die Story sich selbst erzählen lassen.
Daraus ist ein Monstrum an Rohmaterial entstanden.
Aus dieser Selbst-Erzählung soll nun die 72 minütige Team-Erzählung “72min – Der Film” entstehen. Sichtet! Teilt uns eure Meinung mit! Nutzt die Kommentarfunktion unten auf dieser Seite, um in den writers’ room einzutreten! Es müssen harte Entscheidungen getroffen werden!
Und wer weiß, vielleicht folgt als nächstes:“72sec – Die Serie” ;) Genug Material hätten wir!
Mit
Niko Eleftheriadis
Sarah Schulze-Tenberge
Karolina Nägele
Theresa Weihmayr
Peter Rahmani
Fabio Savoldelli
Produktion
Lisa- Maria Schacher
Niko Eleftheriadis
Presse
“72h – Sparte X
Die ersten Stunden…
Ein Big Brother-Experiment als Livestream des Stadttheaters Ingolstadt. 72 Stunden lang und noch bis Sonntag. Wir haben seit gestern Abend ein paarmal reingeschaut. Wie verhält man sich, wenn man weiß, dass eine Kamera einen beobachtet. Ständig. 3 Tage und 3 Nächte lang. 72 Stunden.
Regisseur Niko Eleftheriadis unterzieht sich für die Digital-Sparte X des Stadttheaters Ingolstadt derzeit diesem Experiment. In dem großen Leerstand der ehemaligen Buchhandlung Ganghofer in der Donaustraße stehen weiße Sofas, eine Küchenzeile, ein weißer Tisch zum Essen, ein Tisch mit Mikrofon, ein Arbeitstisch mit Kochplatte.
Zwischen den Säulen eine große Leinwand, auf der das Videobild einer der 9 Kameras übertragen wird. Der Proband kann sich also auch selbst zugucken. Und was er da macht, wird jede Minute in einem Live-Stream übertragen. Und um zu sehen, dass dies alles kein Fake ist, könnte man auch in der Donaustraße vorbeischauen und durch die großen Schaufenster feststellen, dass der Videostream und die Wirklichkeit übereinstimmen. „72h“ heißt das Projekt.
Los ging es gestern Abend um 20 Uhr. Wobei will man sich zusehen lassen? Womit die Zeit füllen, allein in diesem Riesenraum, der nun für 3 Tage das eigene Zuhause ist?
Niko Eleftheriadis im weißen Overall und zunächst mit Strickmütze – es ist kalt in diesem Raum – schneidet erst mal Zwiebeln, Kartoffeln, Gemüse für einen Eintopf. Dabei vergeht Zeit. Ein Kommentar spielt auf einen Fernsehkoch an. Mit der Kommentarfunktion können wir, die Überwacher, Beobachter, uns einschalten. Auf seinem Laptop schreibt er hier und da etwas, antwortet. Spielt er einen Fernsehkoch, weil Kameras auf ihn gerichtet sind, und alles von ihm Unbekannten auf dem Bildschirm verfolgt werden kann? Nö, ein Fernsehkoch würde nicht preisgeben, dass er eine Zigarette nach der anderen raucht, selbst beim Gemüseschnippeln. Ich habe das Gefühl, nicht allein zu sein, sagt er mal. Er überlegt, ob Chet Baker, dessen Musik er hört, Heroinabhängig war. Dann geht er mal zu einem Tisch mit Mikrofon und spricht unter dem Stichwort „Männerphantasie“ unterschiedliche Variationen des Anfangs der Schöpfungsgeschichte. Wird die Privatperson in diesem Moment zum Performer oder ist es noch immer das private Nachsinnen des Regisseurs über diesen Text? Eigentlich kennt man das Format ja von Realityshows wie „Big Brother“ bei Sat1. Den Unterschied merkt man, als dann weitere Ensemblemitglieder zu Besuch kommen. Es wird privat Wein getrunken, gegessen, geraucht. Aber Theresa Weihmayr, Karolina Nägele, Sarah Schulze-Tenberge, Fabio Savoldelli und Peter Rahmani verhalten sich auch als Schauspieler und Schauspielerinnen, die performativ den Raum bespielen oder minutenlang in die Kamera zurück starren, die sie anstarrt. Und schließlich wird an der Loopstation, gesungen und gerappt.
2 Uhr nachts. Fabio Savoldelli und Niko Eleftheriadis unterhalten sich am Tisch sitzend, eine Zigarette rauchend. Die anderen sind weg. Ein junger Schauspieler, neu im Ingolstädter Ensemble, der von sich erzählt, dass er sehr an Performances interessiert ist, an der Erkundung des Raums mit dem eigenen Körper. Und ein erfahrender Regisseur, der interessiert zuhört. Man hat etwas gemeinsam. Handyfotos von den italienischen Eltern und kurz die Migrationsgeschichte der griechischen Eltern. Jetzt ist es wirklich privat. Und der Schauspieler scheint vergessen zu haben, dass Fremde mithören können.
Heute morgen um 9 Uhr. 4 Standbilder. Im Hintergrund sieht man eine in eine Decke gehüllte Person auf einer Liege. Der Proband schläft.
Eine Stunde später. Ach, er ist aufgestanden. Hat sich Kaffee gemacht. Raucht wieder, checkt die Nachrichten, wandert im Raum umher und erkundet die Reste des Vorabends. Er sagt, er habe auch unter Beobachtung gut geschlafen. Morgenmusik mit Butterbrezel. Frühstück mit der engsten Mitarbeiterin, der Regisseurin Lisa-Maria Schacher. Was die beiden reden, versteht man nicht. Musik läuft. Aufräumen, die Gläser vom Vorabend. Abspülen. Mit Wasser aus dem Kanister. Je weniger passiert, desto voyeuristischer komme ich mir beim Betrachten dieses Livestreams vor. Und es hat schon fast etwas Meditatives, diesem ruhig gelassenen Menschen zuzusehen. Er selbst fühlt sich offenbar durchaus auch auf einer Bühne. Er schreibt: „An diesem Ort bin ich für den Bürger zur Callas geworden. Meine Transformation hat begonnen“
13 Uhr. Ein Kommentator hat geschrieben. „So wird also der Kulturetat der Stadt Ingolstadt verbrannt.“ Niko Eleftheriadis reagiert… Er schreibt mit schwarzer Farbe auf den Fußboden. „Gib mir dein Geld, ich singe für dich. Ich friere für dich. Damit du eine Meinung haben kannst, Bürger“ Und dann: Sarah Schulze-Tenberge ist gerade gekommen. Auch die anderen finden sich wieder ein. Singen, rappen…”
Kulturkanal Ingolstadt, Isabella Kreim, Freitag, 12.11.2021
Podcast: www.kulturkanal-ingolstadt.de
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